Vorwort von Matthias J. Mehs

Dem Andenken Georg Fischers

von M. J. Mehs

Als am 13. September 1962 Herr Georg Fischer nach heldenhaftem Kampf gegen eine langjährige, schmerzliche Krankheit seine Augen für immer schloß, war eine für Wittlich nicht alltägliche Persönlichkeit dahingegangen.
Seine aufrechte, schlanke, behände Gestalt ist aus dem Wittlich dieses Jahrhunderts einfach nicht hinwegzudenken, nicht nur, weil er ein so prächtiger, leutseliger, geradliniger, edeldenkender, hilfreicher Mensch war mit einem kräftigen Schuss erdgewachsenen Humors, sondern wegen seiner für unsere Stadt einmaligen Bedeutung als Buchhändler und Verleger.

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass er, er für sich ganz alleine und aus eigenem Antrieb, die Stadt, wo er am 10. Mai 1881 als viertes von zehn Kindern das Licht der Welt erblickte, bis zu seinem Tode zu dem mitgeformt hat, was sie heute darstellt, sowohl in ihrem äußeren Bild, weil er bei vielen öffentlichen Aufgaben beratend mitsprach, als auch besonders in ihrer geistigen Entwicklung, weil er hier beispielhaft geistige Anregungen gab und Ziele setzte. Georg Fischers Werdegang und Wirkungskreis ist so ein Stück bester Wittlicher Zeitgeschichte geworden, an der man geradezu die einzelnen Stufen der städtischen Entwicklung ablesen kann.

Zehn Jahre vor seiner Geburt war hier der Bau eines Königlichen Lehrerseminars begonnen worden, es mag der Hauptgrund gewesen sein, weshalb der alte Vater Fischers seinen Wohnsitz von Oberwesel, vom Rhein, in die Eifel nach Wittlich verlegt hat, nicht nur, um ein Schreibwarengeschäft zu beginnen, sondern um einen richtigen Buchladen zu gründen. Das wurde die erste Wirkungsstätte unseres Georg Fischer, für deren Übernahme im Jahre 1906 sein Vater ihm eine gründliche Ausbildung in Saarlouis, Leipzig, Hannover und Wien hatte angedeihen lassen. Seither haftete etwas Weltmännisches an dem jungen Wittlicher Buchhändler, eine bisher hier unbekannte geistige Umschau und Aufgeschlossenheit, die schließlich durch die Kühnheit einer Verlagsgründung gekrönt wurde. Die beachtliche wirtschaftliche Entwicklung der Kreisstadt nach der Jahrhundertwende mag den Mut hierzu angespornt haben.

Der literarisch und ästhetisch interessierte Teil unseres Volkes – im Gegensatz zu den lediglich merkantil und ökonomisch Eingestellten – witterte und erlebte in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg so etwas wie den Anbruch einer neuen Zeit. "Jugendstil" war damals das Schlagwort. Eine Welle geistiger Beweglichkeit ging durchs Land. Georg Fischer war in Wittlich der Mann, der diese Wellen auffing und weiterleitete. Er pflegte Umgang und Freundschaft mit vielen Zeitgenossen von Rang und Namen. Schriftsteller, Künstler, Dichter, Geistliche, Lehrer, Studenten waren immer bei ihm anzutreffen. In allen Sparten geistigen Fortschritts stand Georg Fischer obenan, aufnehmend, weitergebend. Für jede gute und anständige Sache war er zu haben, er machte immer mit, nie halb, immer mit ganzem Herzen. Sein Einfluss reichte von den Stäben überörtlicher Fachgruppen bis in die Vorstände kleinster lokaler Vereine hinein. Er hatte, nicht zuletzt während seiner Lehr- und Wanderjahre, auch erkannt, dass die Quellen geistiger Kraft aus der Heimaterde strömen. Kaum ein zweiter in Wittlich hat sich um Kenntnis und Erwanderung seiner Heimat, des Rheinlandes, der Eifel und Mosel und des Hunsrücks so bemüht wie er und als Amateurfotograf die Schönheiten und Bedeutsamkeiten unseres Landes im Bild festgehalten. Seine Heirat mit Johanna Schuh aus Reil, einer Moselanerin, die ihm sieben Kinder geschenkt hat und stets verständnisvoll an seiner Seite stand, gab seiner Entwicklung vor dem ersten Kriege einen sinnvollen Abschluss.

Der Krieg fand ihn zunächst bei der Truppe, später im Stabe eines Freundes, des Professors Wilhelm Ewald aus Neuß, dem die Aufnahme und Betreuung der Kunstdenkmäler zwischen Maas und Mosel anvertraut war. Die Zeit nach dem ersten Kriege galt zunächst dem Ausbau seiner Buchhandlung, die er durch Ausstellungen und Vorträge förderte, vor allem aber der Gründung und Erweiterung des Georg-Fischer-Verlages, der sich im Lauf der kommenden Jahre einen klangvollen Namen gemacht hat. Es war ein echter Heimatverlag, dessen Feld zwischen Rhein, Mosel und den Ardennen abgesteckt war. Der geologischen Erforschung dieses interessanten Gebietes schenkte er besondere Aufmerksamkeit, aber auch der geschichtlichen Durchdringung und Herausstellung ihrer landschaftlichen Schönheiten wurde er durch zahlreiche, heute kaum übertroffene Text- und Bildbände gerecht. Georg Fischer hatte das Geschick und das Glück, jeweils beste Bearbeiter für seine Verlagswerke zu gewinnen. Nicht vergessen seien seine ständigen Bemühungen um einwandfreies Kartenmaterial für Schule und Haus. Eine besondere Vorliebe widmete er der Herausgabe einer stattlichen Reihe geschätzter Kinderbücher. Und was besonders hervorzuheben ist: Ihm stand die geistige Leistung, das Buch an sich, das Buch als Pflug und Schwert des Geistes, der Dienst am Volk höher als der wirtschaftliche Nutzen, und es darf auch gesagt werden, dass er in der für Deutschland so beschämenden Zeit des Dritten Reiches kein Buch verlegt hat, das sich nicht auch heute noch sehen lassen kann. Schade, dass er, durch seine Krankheit gezwungen, den Verlag seit einigen Jahren aufgegeben und einem bekannten rheinischen Verlag abgetreten hat. Denn er hatte mit seinem Werk seiner Heimat einen unermesslichen Dienst erwiesen, er hat wie kaum ein anderer mit seinen Büchern und Karten und Bildern für seine Heimat geworben und den Namen seiner Heimatstadt Wittlich durch den Verlag in alle Welt getragen. Wittlich muss und wird ihm immer dafür dankbar sein.

 In seinem Nachlass  befand sich noch eine köstliche Privatarbeit, der er viel Zeit und Mühe geopfert hat: Ein richtiges Wittlicher Wörterbuch. Die hiesige Mundart, das Wittlicher Platt, hatte es ihm, dem Weitgereisten, stets besonders angetan. Er hat die Herausgabe des Rheinischen Wörterbuches, das übrigens noch immer im Erscheinen begriffen ist, durch Mitarbeit nachdrücklich gefördert. Doch das genügte ihm nicht. Er wollte seine Heimatsprache in einem besonderen Werk festgehalten haben, drum sammelte er mit Fleiß und Verstand alle für Wittlich eigentümlichen Wörter und Ausdrücke und schrieb sie nieder.

In seinem Nachlass befand sich noch eine köstliche Privatarbeit, der er viel Zeit und Mühe geopfert hat: Ein richtiges Wittlicher Wörterbuch. Die hiesige Mundart, das Wittlicher Platt, hatte es ihm, dem Weitgereisten, stets besonders angetan. Er hat die Herausgabe des Rheinischen Wörterbuches, das übrigens noch immer im Erscheinen begriffen ist, durch Mitarbeit nachdrücklich gefördert. Doch das genügte ihm nicht. Er wollte seine Heimatsprache in einem besonderen Werk festgehalten haben, drum sammelte er mit Fleiß und Verstand alle für Wittlich eigentümlichen Wörter und Ausdrücke und schrieb sie nieder.