römische Stadtgeschichte

römische Stadtgeschichte

Im Jahre 50 v. Chr. endete der Gallische Krieg, über den Caius Julius Caesar ausführlich in seinem „De bello Gallico“ berichtet, mit der Unterwerfung Galliens, also aller Gebiete westlich des Rheins. Danach vergingen mehr als drei Jahrzehnte, bis die eroberten gallischen Lande unter Kaiser Augustus in den Jahren 16 – 13 v. Chr. neu geordnet wurden. Der erst zu diesem Zeitpunkte in Angriff genommene Ausbau der Verwaltung wie die Erweiterung des alten Wege- und Straßennetzes führten zu einer raschen Stabilisierung der römischen Herrschaft, die letztlich über mehr als vier Jahrhunderte Bestand haben sollte. Im Zuge der administrativen Neuordnung wurde der Raum Wittlich der Provinz Gallia Belgica mit der Hauptstadt Trier (Augusta Treverorum) zugeschlagen.

Obwohl in der Entscheidungsschlacht von Alesia im Jahre 51 v. Chr. die meisten gallischen Stämme ihre Waffen strecken mußten, versuchten die Treverer in der Folgezeit noch mehrmals, das römische Joch abzuschütteln. Doch waren die Revolten der Jahre 29 v. und 21 n. Chr. ebenso erfolglos wie ein letzter blutiger Aufstand in den Jahren 69/70 n. Chr., bei dem das gesamte Trevererland in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Nachdem die geplante Ausdehnung des römischen Imperiums auf Germanien gescheitert war, beschränkte man sich auf den militärischen Ausbau der Rheingrenze, die im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahrzehnten mehr und mehr defensive Züge annahm. Zwar wurden im Laufe des 1. und 2. Jahrhunderts jenseits des Rheins wieder kleine Brückenköpfe gebildete, die letztlich zu einer vorgeschobenen, stark befestigten Grenzlinie, dem obergermanisch-raetischen Limes, ausgebaut wurden, doch diente letztere primär der Verkürzung der Verbindungswege zwischen den linksrheinischen Provinzen und Raetien.

Die Anwesenheit des römischen Militärs, der Verwaltungsbeamten wie der Kaufleute bewirkte in unserer Region große Veränderungen, die keineswegs auf die Verwaltung oder den Staat beschränkt blieben, sondern insbesondere die privaten und religiösen Bereiche erfaßten. Allenthalben machte sich eine Verschmelzung der einheimisch-gallischen mit der römischen Kultur bemerkbar, ein Prozeß, der mitunter mehr als ein Jahrhundert erforderte.

Trotz der relativen Grenznähe können wir seit dem ausgehenden 1. Jahrhundert einen intensiven Ausbau städtischer und ländlicher Ansiedlungen feststellen, wobei man von der althergebrachten Holzbauweise abwich und auf dauerhafte Materialien wie Stein, Ziegel und Mörtel zurückgriff. Vorherrschende Siedlungsform waren in den gallischen Provinzen jedoch nicht die Städte oder Dörfer (vici), von denen bislang im Trierer Land nur wenige nachgewiesen werden konnten, sondern das Einzelgehöft, also der Bauernhof, die „villa rustica“ mit dem Herrenhaus und einer unterschiedlichen Zahl von Wirtschaftsgebäuden. Der zunehmende Wohlstand erreichte in der Friedenszeit des 2. Jahrhunderts seine Blüte und läßt sich vor allem an der Vielzahl und Größe der ländlichen Gutshöfe ablesen. Allerdings wurde diese günstige Wirtschaftsentwicklung um die Mitte des 3. Jahrhunderts durch die von Osten und Norden über den Rhein vordringenden  Alamannen und Franken gestört. Erster Höhepunkt in dieser Entwicklung war der Fall des obergermanisch-raetischen Limes und die daraus resultierende Rückverlegung der Grenze auf den Rhein im Jahre 260. Das linksrheinische Hinterland war daher zunächst recht schutzlos germanischen Überfällen ausgeliefert, die nach 275/6 n. Chr. in einem Einfall kulminierten, bei dem nicht nur die Mehrzahl der hiesigen Gutshöfe, sondern auch das befestigte Trier zerstört wurden. Ein Germanenüberfall mit ähnlich verheerenden Ausmaßen ist für unsere Region später noch einmal für die Zeit um 355 n. Chr. nachgewiesen. Zweifellos bildeten diese Germaneneinfälle das Vorspiel zur großen Völkerwanderung, die 375 durch den Einbruch der Hunnen ins Westgotenreich ausgelöst wurde und nicht nur zum Ende der römischen Herrschaft an Rhein und Mosel, sondern letztlich auch zum Untergang des Weströmischen Reiches führte.

Grundlage der ländlichen Besiedlung bildeten zur Römerzeit, wie bereits angedeutet, die zahlreichen Gutshöfe mit ihren Nebengebäuden, zu denen Scheunen, Speicher, Stallungen, Schmieden, Wohnhäuser für das Gesinde, bisweilen auch kleinere Thermen und Kultanlagen zählten. Hauptgebäude war das Herrenhaus, das in der Regel einem in Gallien weit verbreiteten Grundtyp zugerechnet werden kann, der jeweils nur den individuellen Bedürfnissen angepaßt werden mußte. Charakteristisch für diesen gallo-römischen Villentyp („Bollendorf“) sind zwei das Gebäude flankierende Ecktürme („Risalite“) mit einem dazwischenliegenden Säulengang („Porticus“) und der große sich hinter dieser Front erstreckende Arbeitsraum mit Küche und Feuerstellen, der wiederum von verschiedenen Wohn- und Schlafräumen eingefaßt ist. Nur selten treffen wir auf von diesem Grundtyp abweichende Villen, die sich meist durch ihren palastartigen Ausbau, wie etwa in Nennig, Konz, Lonquich oder Oberweis[,] auszeichnen.

Eine solch außergewöhnliche Villa lag auch am rechten Ufer der Lieser auf dem nach Osten abfallenden Hang des Mundwaldes. Mit einer Länge von 140 m erreichte das imposante Bauwerk dasselbe Maß wie der bekannte Palast von Nennig, der diesseits der Alpen als einziger die Lieservilla übertrifft, jedoch nur bezüglich ihrer Grundfläche. Die im Verhältnis zu anderen Villen geringe Gebäudetiefe von lediglich 28 m ergab sich aus dem schmalen Uferstreifen zwischen der an dieser Stelle leicht nach Westen ausbiegenden Lieser und der steil ansteigenden Böschung bzw. den Sandsteinfelsen des Mundwaldes. Bedingt dadurch folgte die langgestreckte Front der Villa der leichten Krümmung des Flusses und wich damit von dem rechtwinkligen System der üblichen, römischen Bauweise deutlich ab (Abb. 4).

Das aus einem betonten Mittelbau und zwei Seitenflügeln bestehenden Gebäude wurde bereits 1819 entdeckt. In den folgenden Jahrzehnten waren die Ruinen häufig das Ziel interessierter Einheimischer, die dort mit unterschiedlichem Erfolg nach antiken Überresten suchten und gruben. Da die Lieser im Laufe der Jahrzehnte große Teile der flußseitigen Räume und Hallen weggespült hatte und vor allem den nördlichen Seitenflügel bedrohte, wurde die Villa in den Jahren 1904 und 1905 erstmals planmäßig untersucht (Abb. 5). Der frühe Tod des Museumsdirektors führte damals wohl zum Abbruch der Untersuchungen des Südflügels. In den 20er Jahren gaben die üblichen Abschwemmungserscheinungen Anlaß zu neuer Besorgnis. Hinzu kamen willkürliche Zerstörungen des Mauerwerks, die nicht zuletzt durch die angebliche Auffindung eines goldenen (wohl eher bronzenen) Tellers begünstigt wurden, da man durch Sprengungen weiteren „Goldschätzen“ auf die Spur zu kommen hoffte. Eine im Jahre 1933 erschienene Denkschrift von Claus Mehs, dem wir auch den ersten Rekonstruktionsversuch der Wittlicher Villa (Abb. 6) verdanken, unterstreicht den bejammernswerten Zustand und die unaufhaltsamen Zerstörungen des für unsere Region doch außergewöhnlichen antiken Bauwerks. Seine Vorschläge zur Rettung und Erhaltung der Baureste sollten erst Jahre später, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg berücksichtigt werden. Als die Trassenführung der Reichsautobahn zu Beginn des 2. Weltkrieges im Bereich des Südflügels der Villa ein Brückenwiderlager vorsah, wurden der Südbau vom Rheinischen Landesmuseum Trier vorbeugend erforscht und die abgebrochenen Grabungen vom Beginn des Jahrhunderts zu Ende geführt (Abb. 7). Die Dabei erzielten Ergebnisse waren so beeindruckend, daß die damalige Regierung den Entschluß faßte, die Trasse der Autobahn zu verlegen und die freigelegten Gemäuer zu schonen, zu konservieren und als kulturhistorische Sehenswürdigkeit am Rande einer geplanten Autobahnraststätte zugänglich zu machen. Eine Uferbefestigung wurde angelegt, und die Ruinen wurden mit umfangreichen Schutzdächern gesichert (Abb. 8). Anfang der 50er Jahre waren jedoch jene Schutzvorkehrungen zerstört oder verschwunden. Das vordem noch bis zu einer Höhe von 2 m erhaltene Mauerwerk der Seitenflügel war total verfallen. Schließlich wurde das Ruinengelände von privater Seite ohne Beteiligung der zuständigen Dienststellen aufgeforstet. Gekrönt wurde die bedauernswerte Entwicklung durch die neue Planung des Autobahnbaus (1965), die eine Rückverlegung der Autobahntrasse vorsah. Jedoch sollte über den Südtrakt der Villa eine weitgespannte Brücke geführt und oberhalb der Villa verankert werden. Obwohl 1969 noch einmal die freie Überspannung der Lieser und des Villengeländes gegenüber der Denkmalpflege ausdrücklich bestätigt wurde, griff man bei Baubeginn im Jahre 1972 aus Kostengründen ohne Absprache auf den ursprünglichen Plan zurück (Abb. 9). Mächtige Brückenpfeiler wurden mitten in den Südflügel der Anlage gesetzt und dieser dadurch endgültig zerstört. Ein schwacher Trost kann es daher nur sein, wenn sich die Stadt Wittlich Anfang der 80er Jahre erneut um eine Sicherung der noch erhaltenen Mauerreste bemühte, um diese für Besucher zugänglich zu machen. Im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wurden der Mitteltrakt und die wenigen Reste des nördlichen Flügels wieder freigelegt, wobei letzterer durch Baumbewuchs und Abgrabungen jedoch so stark zerstört war, daß er wieder mit Erdreich abgedeckt werden mußte. Der Mitteltrakt konnte dagegen mit einem Schutzbau versehen werden. Da seine Vorderfront durch die Lieser im Laufe der letzten Jahrhunderte abgespült worden war, ist er auch nur zu 2/3 erhalten geblieben.

Zweifellos ließe sich zum bedauernswerten Schicksal unserer ungewöhnlichen Baureste wesentlich mehr anmerken, doch würde das sicherlich den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Entsprechendes gilt für die folgende Baubeschreibung, die die verschiedenen Grabungsergebnisse nur zusammenfassen und nicht einzelne Thesen diskutieren kann.

Wie bereits angedeutet, bestand das 140 m breite Bauwerk aus einem betonten Mitteltrakt und zwei Seitenflügeln, die an der Vorder- und Rückfront durch lange Säulengänge (Portiken) miteinander verbunden waren. Zwischen dem mittleren und den seitlichen Baugliedern war jeweils ein rund 30 x 16 m großer Binnenhof (A, B) eingeschoben. Die Seitenflügel waren jedoch nicht bei den gallo-römischen Risalitvillen vorgezogen, sondern fügten sich offenbar bündig in die flußseitige Front ein, an der die [sic!] Portikus geländebedingt zweigeschossig ausgebildet und in der Art einer streng gegliederten Fassade dem Baukomplex vorgelagert war.

Der mittlere Trakt umfaßte die Wohn- und Repräsentationsräume (Abb. 4 u. 6). Sein Hauptraum, ein 12,5 m x 13,5 m großer Empfangssaal (1), lag über einem doppelten, von einer Pfeilerreihe getragenen Tonnengewölbe, von dem große Blöcke noch im Schutt angetroffen werden konnten. Zum Hang schlossen sich an die Halle vier kleinere, nicht unterkellerte Wohnräume (2-5) an, von denen lediglich Raum 4 nachträglich mit einer Heizung versehen worden war. Der zweigeteilte, gewölbte Raum unter dem Empfangssaal muß aufgrund der beobachteten farbigen Wandputzreste ebenfalls zu den Wohnräumen gerechnet werden. Er wurde zu beiden Seiten von trapezförmigen Durchgangsräumen (7, 8) flankiert, die wiederum in Räume mit apsidenförmigem Mauerabschluß (6, 9) führten. Aufgabe jener halbrunden, teils pfeilerartig verstärkten Mauern war es vor allem, den Druck des aufgeschütteten Erdreiches von den bis zur zweiten Geschoßhöhe reichenden Seitenhöfen (A, B) aufzufangen. Ob diese Anbauten darüber hinaus als luftige Exedren (Räume mit Sitzbänken) genutzt wurden, kann man allenfalls vermuten. Erwähnenswert ist auch das Entwässerungssystem, das beiderseits des Mitteltraktes freigelegt werden konnte. Das Regenwasser sammelte sich in mächtigen, aus großen Steinblöcken gearbeiteten Traufrinnen (Abb. 10), die ihrerseits wieder in Fallschächten mündeten (Abb. 11), von denen das Wasser durch Kanäle unter dem Estrich des doppelt gewölbten Raumes zur Lieser abgeleitet wurde.

Der Nordflügel der Villa, der mehr als alle anderen Bereiche von den jahrhundertelangen Abschwemmungen der Lieser betroffen war, dürfte in seinem vorderen, nicht mehr erhaltenen Teil ebenfalls zweigeschossig ausgeführt gewesen sein. Wahrscheinlich dienten die zerstörten Räume (17, 31-35), deren Ausdehnung und Einteilung nur vermutet werden kann, weitgehend zu Wohnzwecken, da die hinteren, nicht unterkellerten Räume alle für einen Badebetrieb notwendigen Einrichtungen umfaßten. Unter dem bergseitigen Teil dieses Flügels wurden sogar noch Mauerzüge und Entwässerungsanlagen einer älteren Badeanlage beobachtet, die nach dem Neubau um ein Drittel nach Norden ausgedehnt wurde. Zudem konnte unter den Räumen 27 und 30 ein achteckiger Pavillon festgestellt werden, der ursprünglich den nördlichen Abschluß des bergseitigen Säulen- und Verbindungsganges (11) bildete.

Die Zweckbestimmung der einzelnen Räume des Badetraktes ist aber nicht in jedem Falle gesichert, da auch noch nach der Vergrößerung des Bades in diesem Trakt kleinere Umbauten vorgenommen wurden. Insgesamt dürfte der Nordflügel eine Ausdehnung von rund 35 m x 35 m erreicht haben. Nach dem Innenhof (A) war ihm ein Gang (12, 13) vorgelagert, der mit dem fluß- (10) und bergseitigen (11) Säulengang korrespondierte. Vom Verbindungsgang (11) erreichte man auch das Praefurnium (19), den Bedienungsraum für die Heizungsanlagen, von dem im Osten noch ein kleineres Lager für Holzvorräte abgeteilt war. Der Umkleideraum, das Apodyterium, lag vermutlich in den zerstörten Räumen 31 oder 32. Von dort gelangte man in das Kaltbad (15), das Frigidarium, zu dem eine größere Badewanne (16) gehörte, und in das Warmbad (14), das Tepidarium. Ob auch in letzterem eine Wanne eingebaut war, ließ sich nicht mehr klären. Über den beheizbaren Flur (23) konnte man die für solche Bäder obligatorische Latrine (24) und auch das Heißbad (22), das Caldarium, betreten. Die zugehörigen Badewannen lagen im Raum 21 und südlich dieses Raumes zwischen zwei ungeklärten Einbauten (20), die vielleicht kleinere Kesselräume bildeten, in denen die erforderlichen Wasservorräte für den Badevorgang gespeichert werden konnten. Daß weitere unmittelbar benachbarte Räume noch in Verbindung mit dem Badebetrieb (Reinigen, Abreiben, Ölen, Massage) genutzt wurden, ist zu vermuten.

Der Südflügel der Villa, der von allen Trakten ursprünglich am besten erhalten war, umfaßte dagegen verschieden Wirtschafts- und Wohnräume (Abb. 4 u. 7). Auch ihn trennte vom Innenhof (B) ein Gang (44), der in diesem Falle reich ausgemalt war und wiederum mit den fluß- und bergseitigen Wandelgängen in Verbindung stand. Wie die übrigen Trakte war auch dieser Flügel, der eine Ausdehnung von rund 40 m x 35 m erreichte, im vorderen Teil zweigeschossig ausgebaut. Im Erdgeschoß lagen umfangreiche Stallungen (59), an deren Rückwand eine Reihe von Sandsteintrögen aufgestellt war, die zweifelsohne als Futterkrippen angesprochen werden dürfen (Abb. 12). Vor diesen Krippen wurden auf dem gestampften Lehmboden Sandsteinroste beobachtet, über die offenbar Bohlen gelegt waren, die jederzeit gehoben werden konnten und somit eine schnelle Reinigung des Stalles ermöglichten. Bei der Einfahrt in die Stallungen wurden neben der Schwelle, die Einarbeitungen für die Türangel und den Verschlußriegel aufwies, auch Prellsteine festgestellt, so daß dieser Teil nicht nur Zugtiere aufzunehmen hatte, sondern gleichzeitig auch als Wagenremise diente. Wie im Mitteltrakt ruhten hier auf schweren Pfeilern Tonnengewölbe, die ihrerseits ein darüberliegendes, geräumiges und beheizbares Zimmer trugen. Die hangwärts an die Stallungen anschließenden Kellerräume wiesen teilweise (52, 53) wohl aus statischen Gründen apsidiale Mauerführungen auf, welche den Druck der bergseitigen Erdmassen aufzufangen hatten. Erreichbar waren die einzelnen Keller über den kleinen Zugangsraum 54. An den Doppelapsidenkeller (52) schloß wiederum ein kleinerer, durch Eckverstärkungen im Grundriß fast kreuzförmig erscheinender Raum (43) an. Er ermöglichte den Zugang zu den Kellern 41, 42 und 45/46. Von dem südlich der Stallungen gelegenen Hofraum gelangte man unmittelbar neben dem Kellereingang (54) über eine Außentreppe in das Obergeschoß (Abb. 13). Der Platz vor der Treppe und dem Stalltor war mit schweren Flußkieseln gepflastert. An die Treppe stieß eine nach Süden abwinkelnde Stützmauer an, die offenbar die Richtung des alten Zufahrtsweges anzeigte. Die hinteren, nicht unterkellerten Räume des Südflügels (47-50) gehörten zumindest teilweise zu einem kleineren Bad (48).

Die genaue Zweckbestimmung des Südflügels, den auch die Ausgräber nicht eindeutig festzulegen vermochten, wird sich nach der endgültigen Zerstörung durch den Autobahnbau nie mehr klären lassen. Die Stallungen und Kellerräume ließen zunächst auf ein Wirtschaftsgebäude schließen, während die besser ausgestatteten und beheizbaren Wohnräume über dem Stall und den Kellern, wie das kleine Bad (48) oder der ausgemalte Gang (44), uns darin bestärken, hier Wohnungen für Gäste oder gar das Gesinde anzunehmen.

Nach dem vorliegenden Fundmaterial wurde die Villa in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. gebaut. Danach lassen sich vor allem für das 3. Jahrhundert noch verschiedene Umbauten und Erweiterungen belegen. Inwieweit die Villa von den Auswirkungen der Germaneneinfälle um das Jahr 275 betroffen war, läßt sich erst nach Bearbeitung des umfangreichen, teils stratifizierten Fundmaterials entscheiden. Diese Einfälle haben zumindest im Vorfeld der Villa (vgl. unten) Zerstörungsspuren hinterlassen. Dennoch wird die Villa, wie ihr Umfeld, im frühen 4. Jahrhundert wieder zu einer neuen Blüte gelangt sein.

Wesentlich einschneidender waren die Ereignisse in der Mitte des 4. Jahrhunderts. In zahlreichen Räumen und Gängen der einzelnen Trakte wurden dicke Brandschichten angetroffen, die durch Keramikscherben und Münzen zweifelsfrei datiert sind. Da die jüngsten Münzen um 350 geprägt waren, muß das Gebäude wenig später zerstört worden sein. Gerade in dieser Zeit war unsere Region von bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen im Frühjahr 353 und nur zwei Jahre danach von einem verheerenden Germaneneinfall betroffen. Davon geben gerade an der Mittelmosel und in der Eifel zahlreiche Münzschätze und datierte Zerstörungsschichten Zeugnis. Die Villa wurde damals wohl weitgehend zerstört, wenn auch noch einzelne Bereiche der Ruinen genutzt waren, wie beispielsweise Gang 44, in dem eine um 367 in Trier geprägte Bronzemünze (Centenionalis) des Kaisers Valens (RIC 7 b) gefunden wurde. Wesentlich jüngere Funde sind, soweit es das Fundmaterial der Grabungen angeht, nicht bekannt.

Zu den herausragenden Funden zählen ein Goldring mit rechteckiger Platte und ein Cameo, die beide in Privatbesitz gelangten und deren Verbleib daher heute nicht bekannt ist. Der Fundort eines weiteren, meist der Villa zugewiesenen Goldrings lag jedoch südwestlich von Wittlich in der Nähe des Hofes Breit (vgl. unten). Ebenso gewagt ist es, einen dritten, vor 1849 „bei Wittlich in der Eifel“ gefunden Goldring, der später in die Sammlung des Britischen Museums in London gelangte, unserer Villa zuzuschreiben. Leider ist die Fundortangabe, wie so oft in jener Zeit, so unpräzise, daß sie nicht allein auf den genannten Ort, sondern in diesem Falle sogar auf den ganzen (Alt-)Kreis bezogen werden muß. Dennoch liegen aus den Grabungen des Trierer Provinzial- bzw. Landesmuseums zahlreiche erwähnenswerte Fundstücke vor, die unbedingt einer Aufarbeitung und einer ausführlicheren Vorlage bedürfen, im Rahmen dieser Arbeit aber nur aufgezählt werden können. Neben großen Keramikmengen, darunter auch Resten verschiedener reliefverzierter Schüsseln aus Terra-Sigillata, jenem feinen römischen Tafelgeschirr mit dem charakteristischen, glänzendroten Überzug, kamen im Laufe der Jahre auch etwa 30 römische Münzen zutage, die von Antoninus Pius (138-161) bis Valens (364-378) reichen und deutlichere Schwerpunkte in den 70er Jahren des 3. Jahrhunderts und in der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts erkennen lassen. Bemerkenswerte Bronzefunde bilden verschiedene Fibeln (Gewandspangen), Armringe, Haarnadeln, Anhänger, Zier- und Beschlagscheiben, Schlüssel, Schloßriegel, figürlich verzierte Henkel und mehrere, teils punzverzierte Fragmente von größeren Gefäßen. Zu den Eisenfunden zählen zahlreiche Werkzeuge, darunter ein sichelförmiges Messer, das auch als Rebmesser genutzt worden sein könnte, ein interessantes Vorhängeschloß, verschiedene Schlüsselformen und mehrere Deuchelringe, die ursprünglich Holzrohre einer Wasserleitung zusammenhielten. Außerdem sind noch rund 50 Haarnadeln aus Bein, teils mit kunstvoll geschnitzten Nadelköpfen, Perlen, ein Schminkstein, einige Terrakottenfragmente und mit dem Stempel Q.VAL.SABE (VAL in Ligatur) versehen Dachziegel zu erwähnen. Der durch die Stempel bezeugte Quintus Valerius Sabellus arbeitete in der Mitte und 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. im saarländischen Raum, wo sich die Hauptmasse seiner Erzeugnisse konzentriert. Nun wenige Ziegel erreichten weiter entfernte, meist an Wasserstraßen gelegene Orte, wie Trier, Wittlich, Klotten, Bonn oder Köln.

Erst in den letzten Jahren konnten im Vorfeld der Villa auf dem östlichen Lieserufer mehrere der zu erwartenden Nebengebäude und Reste einer Umfassungsmauer aufgefunden werden. Zwar waren schon für das letzte Jahrhundert römische Mauerreste im Distrikt „Kumbroch“ überliefert, doch sind diese nie mit der Villa in Verbindung gebracht worden. Vom Rhein. Landesmuseum Trier wurde erstmals im Jahre 1980 ein kleineres Nebengebäude (Abb. 14) untersucht, das beim Bau der Ferngasleitung Alf - Bitburg rund 250 m nordöstlich der Villa dicht östlich des Autobahndammes angeschnitten worden war. Die Außenmauern des rund 8 m x 5 m großen Bauwerkes waren jedoch bis auf die 0,70 m starke Rollierung abgebrochen. Erhalten hatte sich dagegen ein 3,30 m x 2,65 m großes Becken, das in den gewachsenen Boden eingetieft war. Zwei der drei ins Becken führenden Stufen wurden durch größere Sandsteinquader gebildet. Lediglich die untere, knapp 15 cm hohe Stufe war wie das übrige Becken, dessen Winkel den üblichen Viertelrundstab aufwiesen, mit einem wasserdichten Estrich versehen. In einer über dem Estrich abgelagerten Brandschicht und einem knapp 20 cm starken Lehmband kamen zahlreiche Keramikscherben, die vom 2. bis in die 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts reichen, sowie drei Bronzemünzen, ein abgegriffenes As des Hadrian (117-138), ein Antoninan des Tetricus I. (271-274) und ein zwischen 320 und 324 geprägter Follis des Constantin I. zutage. Da keine Fragmente von Hypokaustziegeln oder Tubuli gefunden wurden und das Becken mit Flüssigkeit nie höher als 15 cm gefüllt war, scheidet es als Badebecken aus. Vermutlich wurde es, nicht zuletzt auch wegen seiner Größe, zu gewerblichen Zwecken genutzt.

Leider wurde 1987 für den Bau einer großen Lagerhalle das Vorfeld der Villa großflächig abgetragen, ohne die zuständige Fachbehörde einzuschalten, obwohl von Seiten der Kreisverwaltung in Absprache mit dem Rheinischen Landesmuseum Trier entsprechende Auflagen gemacht worden waren. Dabei wurden zahlreiche, bisher unbekannte Mauerzüge abgeschoben oder teilweise zerstört. Nur zufällig wurden Mitarbeiter des Rheinischen Landesmuseums auf die umfangreichen Erdbewegungen aufmerksam, so daß die letzten Mauerspuren noch im Rahmen einer 14-tägigen Notgrabung untersucht werden konnten.

Freigelegt wurden zwei zueinander parallellaufende Rollierungen etwa 0,60 m starker Mauern (M 1, M 2), wobei M 1 ca. 310 m östlich der Villa nach NNW abwinkelte und sich in Form von Buntsandsteinfragmenten offenbar noch an der nordwestlichen Seite des Autobahndammes fortsetzte (Abb. 15). Es ist naheliegend, in diesen Spuren die Rest von Einfriedungsmauern zu sehen, die die Villa und ihre Nebengebäude umgaben. Da beide Mauern sicherlich nicht gleichzeitig existierten und eine der beiden bei Errichtung der zweiten wohl weitgehend abgetragen wurde, müssen wir auf eine Veränderung des Bezirkes schließen. Die zeitliche Abfolge der Mauern konnte aber nicht geklärt werden, so daß wir beim derzeitigen Forschungsstand eine Ausdehnung wie eine Reduzierung des Landgutes in Betracht ziehen müssen. Zwar wird man in der Regel von einer Erweiterung des Gutsbezirkes ausgehen, doch war gerade hier die äußere Mauer (M 2) stärker gestört, was allerdings nicht unbedingt auf eine frühere Errichtung zurückzuführen ist, sondern auch aus einer geringeren Fundamenttiefe und den sich dadurch stärker auswirkenden Eingriffen der Baumaschinen resultieren kann.

Westlich, also innerhalb des von Mauer 1 gebildeten Winkels[,] lagen neben dem bereits im Jahre 1980 entdeckten Becken die Rollierungsreste eines weiteren Gebäudes sowie ein ursprünglich etwa 4 m tiefer Brunnen, der mit einigen der beobachteten Mauerzüge heute in den Grünanlagen des Firmengeländes dargestellt ist.

Das nur durch eine Buntsandsteinrollierung oder Mauerausbruchgräben erkennbare Gebäude erreichte eine Breite von 9,30 m. Die Länge des sich in nördlicher Richtung erstreckenden Bauwerks mit durchschnittlich 0,52 m starken Mauern war jedoch nicht mehr festzustellen, so daß auch seine Funktion offen bleiben muß.

Größere Beachtung verdient der östlich des Gebäudes freigelegte Brunnen. Der nahezu kreisrunde Brunnenschacht erreichte an der erhaltenen Oberkante einen Durchmesser von 0,96 m - 0,99 m, der sich bis zur Sohle lediglich um 5 cm verjüngte. Während der Schacht im oberen Bereich etwa auf 2,25 m Höhe aus einem sorgfältig gesetzten, ca. 0,50 m starken Mauerkranz aus Buntsandstein gebildet wurde, war er im unteren Teil rund 1,20 m in den anstehenden Buntsandsteinfelsen eingetieft (Abb. 16). Der normale Wasserspiegel konnte nicht festgestellt werden, da die Untersuchungen während einer sehr feuchten Jahreszeit durchgeführt werden mußten und sich ständig Oberflächenwasser aus der Umgebung im Brunnen sammelte. Aus der Brunnenverfüllung konnten zahlreiche Funde geborgen werden, die eine Aufgabe oder Zerstörung des Brunnens im 3. Viertel des 3. Jahrhundertes n. Chr., wohl in Verbindung mit den verheerenden Germaneneinfällen[,] nahelegen. Zu den besser datierbaren Gegenständen zählen mehrere Brettreste (vom Brunnenaufbau?), die von Diplom-Forstwirtin M. Neyses vom Rhein. Landesmuseum Trier dendrochronologisch nach 178 n. Chr. datiert werden konnten. Der Mitte des 3. Jahrhunderts gehört auch die Mehrzahl der zahlreichen Keramikscherben an, zu denen auch einige interessante Gesichtsurnenfragmente zählen. Bemerkenswert sind ferner verschiedene Eisenteile, ein Knochenkammfragment, ein kräftig profilierter Bronzegriff eines Kästchens (Abb. 17) und ein Silberteller, der die soziale Stellung der Villenbesitzer einmal mehr unterstreicht. Der Teller ist auffallend flach und im Vergleich mit anderen Silbergefäßen relativ klein (Abb. 18). Bei einem Durchmesser von nur 9 cm und einer Höhe von 0,55 cm wiegt er lediglich 47,59 g. Der Teller weist außen einen ungegliederten geraden Steilrand auf, der innen leicht abgeschrägt ist, so daß sich im Querschnitt ein nahezu dreieckiges Profil ergibt. Als Fuß dient ein 2,5 mm hoher Ring mit einem inneren Durchmesser von 3,4 cm. In dem von diesem Standring begrenzten Feld sind vier Graffiti eingeritzt (Abb. 19), die neben dem Gewicht des Tellers (XIIII drachmae oder denarii = 47,75 g) auch die Namen dreier seiner Besitzer festhalten. Der älteste Graffito nennt einen Senecianus, einen Namen, der im östlichen Teil der gallischen und germanischen Provinzen und auch in Trier wie im Trevererland gut vertreten ist. Da er als keltischer Name gilt, dürfen wir darin einen Einheimischen sehen, der zweifellos zu Wohlstand gelangte. Der zweite Graffito „Cigeni“ läßt gleichfalls keltische Namenselemente erkennen. Der dritte Graffito „A R S“ unterscheidet sich von den beiden anderen deutlich in seinem Duktus. Dennoch sollten wir auch in diesem Falle einen Namen annehmen, der dann einem vollen römischen Namen mit den drei abgekürzten Namenselementen (tri nomina) entsprechen würde. Der letzte Besitzer A.R.S. ist aufgrund des Fundortes im Umfeld der Wittlicher Villa anzusiedeln. Er wird im 3. Jahrhundert gelebt haben, im Gegensatz zu den namentlich festgehaltenen Vorbesitzern des Tellers, die wir dem 2. Jahrhundert zuschreiben möchten.

Innerhalb des Mauerwinkels wurde beim Setzen von Strommasten, hart an der Böschung des Autobahndammes, noch die Buntsandsteinstickung eines dritten Gebäudes beobachtet, so daß wir in dem rund 310 m x 250 m großen Bezirk vor allem unter dem Damm der Autobahn noch wesentlich mehr Nebengebäude vermuten dürfen. Ein weiteres Gebäude lag südlich, also außerhalb der Einfriedung[,] und erreichte eine Breite von 16,40 m und eine Länge von mehr als 20 m.

Das zur Villa gehörige Gräberfeld wurde vermutlich schon im letzten Jahrhundert östlich der Umfriedungsmauer angeschnitten, als im Distrikt „Unterste Büschholtz“ „gemauerte Gräber“ zum Vorschein kamen, in denen auch Glasgefäße („Fläschchen“ = Balsamerien?) gefunden wurden. Zwar erinnern uns „gemauerte Gräber“ zunächst an merowingerzeitliche Trockenmauer- oder Plattengräber, doch widersprechen diesem Zeitansatz die erwähnten Glasgefäße, die in merowingischer Zeit meist becherförmig ausgebildet sind. Vielleicht verbergen sich hinter jener Beschreibung auch Grabkammern oder von Ziegelplatten umstellte Gräber.

Obgleich durch die letzten Grabungen auch das Umfeld der Villa etwas in den Vordergrund rückte, sind die Aussagemöglichkeiten zu dem gesamten Komplex, der unbedingt einer wissenschaftlichen Aufarbeitung bedarf, immer noch bescheiden. Zweifellos war die Villa der Herrensitz eines größeren landwirtschaftlichen Gutes, vielleicht sogar eines größeren Bezirkes mit vielen kleineren Villen, die von Pächtern verwaltet wurden und dieser großen Villa zugeordnet waren.

Neben der großen „römischen Villa“ konnten in der Gemarkung Wittlich noch weitere römerzeitliche Fundstellen nachgewiesen werden, wie etwa im Distrikt „Flur“ auf dem linken Lieserufer oder westlich des Quellenhofes, wo Mauerreste und die üblichen römischen Streufunde, darunter Keramikscherben des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr.[,] beobachtet wurden. Ein altes Gewölbe mit bemaltem Wandputz, auf dem teilweise Blumen zu erkennen waren, will man vor Jahren „Unter dem Rodenberg“ entdeckt haben. Die beschriebenen Bauspuren erinnern an römische Grabkammern ähnlich dem Heidenkeller bei Nehren (Kreis Cochem-Zell).

Mehr wissen wir über ein vermutlich größeres römisches Gräberfeld, das im Jahre 1904 südwestlich des Bahnhofs teilweise untersucht werden konnte. Auf einer Fläche von knapp 200 m² wurden damals 12 Brandgräber des 2. Jahrhunderts festgestellt. Obgleich insgesamt 27 Keramikgefäße geborgen werden konnte, zeichnete sich keines der Gräber durch einen besonderen Beigabenreichtum aus, wie es die Funde vermuten ließen, die zuvor auf dem benachbarten Grundstück zutage gekommen sein sollten, jedoch erheblich älter als die unter der Aufsicht des Museums freigelegten Gräber waren. Zu den bemerkenswertesten Funden zählten zwei Rippenschalen aus kräftig blauem Glas, von denen eine sogar eine weiße Marmorierung aufwies. Beide Gläser datieren noch in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Wenig jünger sind ein halbkugeliger Becher und ein Balsamarium aus hellgrünem Glas. Außergewöhnlich sind ferner der Boden einer Bronzekanne und eine amphorenförmige Flasche aus Purpurglas. Da letztere nicht sicher antik ist, besehen an der Fundortangabe jener auffallend reichen Beigaben berechtigte Zweifel. Die zugehörige Siedlungsstelle vermuten wir am Ausgang der heutigen Burgstraße, wo im letzten Jahrhundert bei Bauarbeiten häufiger offenbar römische Mauerreste, aber auch Münzen und Steininschriften angetroffen wurden.

Reste eines weiteren Gräberfeldes wurden vor Jahren bei der Kiesgewinnung im Staatswald Failz angeschnitten. Dabei kam auch eine kleine Steinkiste mit Deckel zum Vorschein, die ursprünglich als Trog für eine Brandbestattung (=Aschenkiste) diente. Nach alten, überlieferten Berichten soll jene Aschenkiste eine Urne mit Knochenresten und „ein paar Münzen“ geborgen haben. Die lange, unweit ihres Fundorts aufgestellte Kiste wurde 1970 nach Hupperath gebracht und dort in einem Garten aufgestellt.

Den bemerkenswertesten Einzelfund aus der Wittlicher Gemarkung bildet ein im Jahre 1879 unweit des Hofes Breit im Distrikt „Schießborn“ aufgefundener Goldring. Der heute im Rheinischen Landesmuseum Trier (Inv. 1686) aufbewahrte Ring wiegt 7,58 g und datiert noch in das 1. Jahrhundert n. Chr. Die Ringplatte umfaßt eine ovale, bis zu 7 mm breite, konvexe Gemme (Praser) mit einem sehr rohen Schnitt. Auf dem Stein erkennen wir eine nackte, nach links schreitende weiblich Gestalt mit einem Band im Haar und langem, von der Schulter herabhängendem Mantel. Mit beiden Händen trägt sie in Brusthöhe eine Schale. Zweifellos ist in der Darstellung Methe zu sehen, eine der bacchischen Nymphen im Thiasos, dem Festschwarm des Weingottes. Ihre Darstellung im Ringstein soll Zauberkraft besitzen und den Träger vor Trunkenheit bewahren (Abb. 20).

Weniger aussagekräftige Einzelfunde bilden noch eine größere Bronzemünze, ein Sesterz der Julia Mamaea (222-235), der um 1971 in der Danziger Straße gefunden wurde, oder ein spätrömisches Tellerrandstück, das im Bereich der Gasleitungstrasse Alf - Bitburg südwestlich des Walburgishofes aufgelesen werden konnte.

Verschiedene römerzeitliche Fundstellen sind auch für die im Jahre 1969 eingemeindeten Ortschaften belegt. Darunter verdient ein im Distrikt „Auf Moret“, teils schon in der Gemarkung Bausendorf gelegenes gallo-römisches Heiligtum besondere Erwähnung. Im Jahre 1975 konnten dort innerhalb eines ummauerten Areals von 50 m Länge und mindestens 40 m Breite die Reste eines quadratischen gallo-römischen Umgangstempels (15 m x 15 m) festgestellt werden (Abb. 21). An die östliche Bezirksmauer lehnte sich ein Gebäude unbekannter Ausdehnung an. In der Nordecke des heiligen Bezirkes (temenos) wurden Keramikscherben des 1. - 3. Jahrhunderts n. Chr. geborgen. Nahe dem Tempel fand man in einer Grube ein verkohltes Rotbuchenrundholz, das dendrochronologisch in die Jahre um 193 n. Chr. datiert werden konnte. Weiter wurden aus dem Tempelbezirk eine Bronzemünze, ein zwischen 330 und 337 auf die Stadtgöttin Constantinopolis geprägter Follis und eine weißtonige Terrakotte einer thronenden Göttin mit Steuerruder (?) an ihrer rechten Seite bekannt.

Südlich des Bezirks verlief einst in ostwestlicher Richtung eine römische Straße, die heute noch als Damm im westlich anschließenden Wald gut sichtbar ist. Offenbar handelte es sich bei dieser Straße um die von Trier nach Andernach führende Römerstraße, die zu den bedeutendsten Fernverbindungen im Trevererland zählte. An der Straße wurden u. a. ein  Amphorenstempel (Q•I•A•S) aus der Zeit um 100 n. Chr. und ein 15 cm hoher gegliederter Bronzeschaft mit lunulaförmigem Abschluß (Abb. 22) gefunden. Südlich der Straße wurden bereits 1941 zahlreiche dicht nebeneinander liegende Gebäude angeschnitten, die offensichtlich zu einem Straßenvicus, einer dorfartigen Ansiedlung, gehörten, die vielleicht auch Aufgaben als Rast- und Pferdewechselstation wahrzunehmen hatte (Abb. 23).

Unklar bleibt in seiner Funktion ein zweiter ummauerter Bereich von 60 m x 60 m, in dem ebenfalls Gebäudereste aufgedeckt werden konnten. Nicht auszuschließen ist, daß dieser schon in der Bausendorfer Gemarkung gelegene Bezirk entweder ein weiteres Heiligtum oder den zweiten Teil des bereits angesprochenen Heiligtums bildete, der nur durch die frequentierte Straße getrennt war. Keramikscherben und Münzen belegen auch für den zweiten Bezirk eine Besiedlung vom 2. bis 4. Jahrhundert.

Ein kleineres, seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. genutztes Bergheiligtum, das vielleicht schon in einer älteren Tradition stand, vermuten wir aufgrund zahlreicher Oberflächenfunde auf der Kuppe des Neuerburger Kopfes. Allerdings mußte dieses Heiligtum noch vor der Mitte des 4. Jahrhunderts einem kleineren Militärposten weichen, der nach Ausweis einzelner Keramikfunde noch bis in die ersten Jahrzehnte des 5. Jahrhunderts Bestand hatte. Wohl nicht zufällig haftet an dieser Bergkuppe noch heute die Bezeichnung „Merkursberg“, welche auch die Gesta Trevirorum (I 85) bereits für das 12. Jahrhundert überliefert ist.

Eine zweite Militärstation wurde auf der Kuppe des Lüxemkopfes nachgewiesen. Nach den vorliegenden Münz- und Keramikfunden dürfte die Anlage in den 60er Jahren des 3. Jahrhunderts errichtet und mit Unterbrechungen nach den verheerenden Germaneneinfällen von 275/6 und 355 bis ins frühe 5. Jahrhundert besetzt gewesen sein. Besondere Beachtung verdient unter den Funden das Fragment eines kerbschnittverzierten Gürtelbeschlages, der um 400 n. Chr. datiert wird (Abb. 24). Vergleichbare Beschläge gehören zu Gürtelgarnituren, die ausschließlich von höhergestellten Militärs oder Beamten getragen wurden. Aufgabe jener Militäranlagen, die in den linksrheinischen Gebieten alle erst nach dem Fall des obergermanisch-raetischen Limes und der Rückverlegung der Grenze auf den Rhein errichtet wurden, war die Sicherung wichtiger Verkehrswege, so in unserem Falle der Schutz der Fernstraße Trier - Andernach und einer ihrer Querverbindungen zur Mosel, die nur 150 m südlich des Lüxemkopfes vorbeiführte.

Auf eine römische Villa mit Badeanlage lassen wiederum die Funde schließen, die für die Umgebung der Lüxemer Kirche überliefert sind. Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts wurden dort immer wieder römische Mauerzüge, aber auch Reste einer Hypokaustenanlage und eines runden (oder apsidenförmigen?) Basaltsteinbaues mit zwei übereinanderliegenden Estrichen angetroffen. Bei der Herstellung eines Grabes entdeckte man sogar eine Goldmünze, einen Aureus des Kaisers Nero (54 - 68), die in den Jahren 64/5 in Rom (RIC I², 52) geprägt wurde. Die Münze gelangte in Privatbesitz und ist heute leider verschollen.

Mauerreste einer weiteren römischen Villa liegen wohl im Bombogener Distrikt „Langfuhr“. Römischen Villen sollten wir auch die Mehrzahl der Fundstellen zurechnen, die 1980 beim Bau der Gasleitung Alf - Bitburg südlich von Dorf, nordwestlich von Bombogen und südlich wie östlich von Neuerburg beobachtet wurden. Dazu zählten auch zwei Abfallgruben mit Keramikscherben des 2. und 3. Jahrhunderts.