Vernissage zur Ausstellung Rinaldo Greco 20.03.2022


Lichter und Schatten – Jenseits der Oberfläche

Beeindruckende Vernissage der Ausstellung des italienischen Künstlers Rinaldo Greco

 

„Diese Bilder, die ich vor zwei Tagen betrachten durfte, beweisen erneut die Aussage des Philosophen Peter Sloterdijk, dass „Handwerk und Denkwerk, manus und ingenium“ gemeinsam das Kunstwerk ergeben“, erklärte Bürgermeister Joachim Rodenkirch in seiner Begrüßung zur Vernissage der Ausstellung „Rinaldo Greco. Lichter und Schatten – Jenseits der Oberfläche“ dem Publikum, in welchem sich zahlreiche professionell Kunstinteressierte auch aus Bonn, Bad Kreuznach, Mainz und Trier befanden.

 

Weiter erinnerte sich Herr Rodenkirch an so manche vergangene Ausstellung des letzten Jahrzehntes in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus. Professor Gerhard Vormwald, der große Pariser und Düsseldorfer Fotograf, hatte z.B. den Musikerinnen Dr. Anne Kaftan und Ulrike Zavelberg, die die Vernissage mit Bachs Goldberg Variationen in aufwühlenden Interpretationen einleiteten, den Namen eines seiner Bilder, „Fliegendes Holz“, geschenkt. Und so nennt sich die Formation bis heute. An Dietrich Wenzel, den großen Leipziger Zeichner habe er angesichts der Portraits Rinaldo Grecos denken müssen und auch an Michael Triegel, dessen rätselhaftes Gemälde „Deus absconditus“ vor einigen Jahren dort hing, wo aktuell Grecos ebenso geheimnisvolle Interpretation von Leonardo da Vincis Abendmahl zu sehen ist.

 

Die Ausstellung zeigt drei Themen: Blumen, Portraits und sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Bürgermeister Rodenkirch schilderte, wie gerade die Bilder des letzten Themas ihn ergriffen und berührt hätten. Unrecht derart ästhetisch zu zeigen, sei eine Herausforderung für die Betrachterin und den Betrachter, könne irritieren, verstören und ergreifen, sei aber eine Ebene für die Diskussion und Aufarbeitung.

 

Auf Marcel Duchamp und sein Pissoir, das dieser vor über 100 Jahren (1917) zum Kunstwerk erklärte, kam Dr. Richard Hüttel, der Kurator der Ausstellung, zu Beginn seiner Rede zu sprechen. Er beschrieb die Entwicklung der Kunst in der westlichen Welt ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Diskussionen, wer eigentlich definieren dürfe, was Kunst sei und was nicht, die in ihrer Zeit berechtigten Provokationen und darauffolgende Vernachlässigung der Ausbildung der künstlerischen Techniken in den Akademien. Dass teuer bezahlte Künstler sich öffentlich damit brüsten, nicht zeichnen zu können, sei mehr als fragwürdig.

 

Wie anders hingegen die Ausbildung an italienischen Kunsthochschulen, wo die talentierten Studierenden noch die Techniken der alten Meister ebenso von Grund auf erlernen müssen wie die des 20. und 21. Jahrhunderts. So Rinaldo Greco, der sein Studium an der Kunsthochschule in Reggio Calabria begann, um sein Diplom dann an der Akademie in Brescia, Norditalien, abzulegen.

 

Die Blumenbilder Grecos zeigen Pflanzen, die schöner sind, als die Natur sie schaffen kann, so empfindet der Betrachter, die Betrachterin auf den ersten Blick. Beim genauen Hinsehen erkennt man unterschiedliche Lebensmomente der Blume: hier kleine Knospen, dort strahlende Blüten und weiter unter sich beugende welke Blütenblätter. Die Schönheit in ihren Metamorphosen wird komprimiert in einer einzigen Darstellung weiter und größer als die nur augenscheinliche Ästhetik. Die Portraits gerade der Gesichter alter Menschen spiegeln ein ganzes Leben wieder und erzählen die Geschichten eines Daseins.

 

Hüttel ging natürlich auch auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche der letzten Jahre ein und schilderte seine Bewunderung, dass ein Künstler es wage, diese schrecklichen Ereignisse bildnerisch zu thematisieren. Er erinnerte aber auch daran, dass in den 1980er Jahren in politisch links orientierten Kreisen die Sexualität des Kindes „entdeckt“ wurde; verstörende Sätze über angeblich flirtende und sich anbietende Kinder finden sich nicht nur in zeitgenössischen Schriftstücken.

„Fliegendes Holz“ unterbrach die harmonischen Goldberg Variationen mit schrillen, lauten, disharmonischen Passagen – eine perfekte musikalische Interpretation der Ausstellung, ergreifend Schönes neben ergreifend Schrecklichem.

 

135 Besucherinnen und Besucher betrachteten in der Städtischen Galerie im Alten Rathaus im Anschluss die Gemälde Rinaldo Grecos und tauschten ihre Empfindungen aus.

 

 

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 15. Juni 2022 zu sehen (montags bis samstags: 9 bis 17, sonn- und feiertags: 14 bis 17 Uhr).

 

Rahmenprogramm

-       Vortrag: Die Schönheit des Alters in der Bildenden Kunst von Albrecht Dürer bis Rinaldo Greco (Dr. Richard Hüttel), Donnertag, 7. April 2022, 18.00 Uhr

-       Vortrag: „Kaiserkron und Päonien rot“ – Blumenmalerei von Anna Sybylla Merian bis Rinaldo Greco (Dr. Barbara Mikuda-Hüttel), Donnertag, 5. Mai 2022, 18.00 Uhr

 

Weitere Informationen unter info@kulturamt.wittlich.de oder 06571/1466-0